Ashes & Sand

ASHES & SAND
Schon im Alten Ägypten bis ins 18. Jahrhundert verwendete man für die Glasherstellung Sand, Soda, Pottasche und Kalk. Als Glas bezeichnet man alle Stoffe, die strukturmäßig einer Flüssigkeit ähneln. Ihr Zustand bei normalen Umgebungstemperaturen ist aber so, dass sie als fester Körper anzusprechen sind. Auch in der Natur finden sich glasige Stoffe, so ist etwa Obsidian als Mineral dem vom Menschen geschaffenem Glas ähnlich. Die Fähigkeit zur Glasbildung besitzen verschiedene chemische Stoffe, unter den anorganischen hauptsächlich Sauerstoffverbindungen (Oxide), von Silizium (Si), Bor (B), Germanium (Ge), Phosphor (P), und Arsen (As). Lässt man sie nach dem Erhitzen und Schmelzen erkalten, erstarren sie im Wesentlichen ohne Kristallisation. Es entsteht Glas.
Innovationen haben die Glasherstellung durch die Jahrtausende geprägt und sie entwickelt sich immer weiter, heute vor allem, um den Nachhaltigkeitsanforderungen zu entsprechen. Die hochtechnisierte, industrielle Glasherstellung hat im 20. / 21. Jahrhundert auch die Glasgestaltung inspiriert. Technische Innovation führte zu formaler Innovation. Industrieglas, wie etwa das Borosilikatglas, wurde, aufgrund seiner Eigenschaften, zum bevorzugten Rohstoff für die Glasgestaltung im Industriedesign. Daneben wurde die Zusammenarbeit zwischen Glasgestalterinnen und Glashandwerkerinnen, die bewusste Rückkehr zu traditionellen Formen, zu einem Motor der Innovation. Die Studioglas-Bewegung der 1960er-1980er-Jahre antwortete auf Industrieglasdesign, das experimentelle Einzelstück auf den ausgereiften Serienentwurf.
Im 20. Jahrhundert wurde Glas als Material der Moderne gesehen, dies trifft im 21. Jahrhundert noch viel mehr zu. In Zeiten, wo die Themen Rohstoffknappheit, Schutz der Umwelt und Energiekosten in der Produktion und Gestaltung entscheidend werden, kommt einem Material, dessen Bestandteile sich in der Natur finden und das grundsätzlich endlos recyclebar ist, besondere Bedeutung zu: Glas als bestimmender Teil eines Ökosystems, das, abgesehen von der notwendigen Energiezufuhr zur Wiederaufbereitung, autonom wäre. Dem Prinzip der Zusammenarbeit zwischen Glaskünstlerinnen und Glasdesignerinnen mit Ausführenden in handwerklicher Produktion, die Untersuchung und Anwendung spezifisch lokaler Techniken der Glasherstellung und Glasbearbeitung als Quelle der Inspiration kommt im gegenwärtigen Gestaltungsprozess des Glasdesigns und der Glaskunst besondere Bedeutung zu. Der Rekurs auf die Grundprinzipien legt die Basis für neue Lösungen und eine wieder materialorientierte Beschäftigung mit Glasgestaltung.
In dieser Bandbreite der Auseinandersetzung mit den Grundstoffen des Glases, historischen Techniken und ganz neuen Anwendungsbereichen wie Fiberglas, Glasfasertechnologie, Photovoltaik liegen auch die zukünftigen Anwendungsbereiche im Kunstglas und der Glasgestaltung im Design. Glaskunst und Glasdesign brauchen die Verbindung zu den Glashütten oder kleinen Glasbläsereien, ohne Produzenten und Austausch kein Fortschritt und keine Zukunft. Hier kommt der Ausbildung im Handwerk und an den Kunstuniversitäten und Designschulen große Bedeutung zu. Glasdesign und Glaskunst der Zukunft werden also wieder auf mannigfache Weise auf die Grundbestandteile des Materials rekurrieren: Asche und Sand.
Rainald Franz

Unterstützt von:

BKA
Finnland Institute in Germany
Danish Arts Foundation
Schilcherland
SRG Lawyers
Marktgemeinde Bad Schwanberg